Russell, Craig - 03 by Brandmal

Russell, Craig - 03 by Brandmal

Autor:Brandmal
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-03-12T17:45:33+00:00


Pöseldorf, Hamburg, 19.30 Uhr

Fabel verbrachte den Nachmittag damit, die BKA-Akten zu lesen. Ullrichs Worte bestätigten sich: Hauser und Griebel hatten im selben Milieu gelebt und dieselben Leute gekannt, doch nichts deutete darauf hin, dass sich ihre Pfade jemals gekreuzt hatten. Andererseits war es nicht unmöglich, dass sie zumindest voneinander wussten. Und dass die Sicherheitsdienste keinen Kontakt zwischen ihnen festgestellt hatten, bedeutete nicht, dass man Begegnungen zwischen ihnen ausschließen konnte.

Susanne hatte noch bis spät im Institut für Rechtsmedizin zu tun, weshalb Fabel allein nach Hause fuhr. Nach dem Mittagessen mit Ullrich hatte er keinen nennenswerten Appetit mehr. Deshalb nahm er ein belegtes Brot und eine Flasche Jever mit ins Wohnzimmer und stellte beides auf den Couchtisch neben seinen Laptop und die Ordner. Er setzte sich hin, nahm einen Schluck von seinem Bier und schaute durch das Panoramafenster über den Alsterpark und die breite Fläche der Alster hinweg, deren Wasser sanft im frühen Abendlicht schimmerte. Es war ein Anblick, der ihn hätte beruhigen sollen, doch irgendetwas, das er nicht identifizieren konnte, machte ihm zu schaffen. Fabel war ein ordnungsliebender Mann. Er brauchte ein Gleichgewicht in seinem Universum, eine Logik im Ablauf seines Lebens. Wie bei den meisten ordnungsliebenden Menschen rührte diese Besessenheit von der Furcht vor dem Chaos her, die oft in seinem Innern tobte. Es hatte ihn erschreckt, die gleiche Paranoia in ihrer extremsten Form an Kristina Dreyer zu beobachten. Die dürftigen Verbindungen und die vagen Übereinstimmungen zwischen den beiden Mordopfern störten sein Bedürfnis nach Ordnung. Wenn er sie aus der Distanz betrachtete, konnte er ein Netz miteinander verflochtener Fäden erkennen, doch wenn er näher heranging, fiel alles auseinander wie ein Spinnengewebe in einem Windstoß.

Fabel hörte, wie seine Wohnungstür geöffnet wurde und Susannes Stimme ihre Ankunft verkündete. Sie trat ein, ließ sich mit einer Geste übertriebener Erschöpfung auf das Sofa neben Fabel fallen und legte ihre Schlüssel, ihre Handtasche und ihr Handy neben sich. Dann küsste sie ihn.

»Ein harter Tag?«, fragte er.

Susanne nickte matt. »Bei dir auch?«

»Eher verwirrend. Ich hole dir ein Glas Wein …« Als Fabel aus der Küche zurückkehrte, berichtete er ihr von seinem Treffen mit Ullrich und den Details in den Akten. »Meinst du, dass ich auf dem Holzweg bin, was die Geschichte der Opfer angeht?«

»Ehrlich gesagt, ja.« Susannes Stimme ließ müden Ärger erkennen, denn Fabel hatte ihre unausgesprochene Regel gebrochen, in der Freizeit nicht auf die Arbeit einzugehen. »Du machst die Sache zu kompliziert. Durchdenk das Ganze. Sieh dir die Verstümmelung der Leichen an. Die kleinen Rituale des Mörders, darunter die Zurschaustellung der Skalps. Das ist das Werk eines Psychopathen. Du hältst den Hintergrund der Opfer für relevant, aber sie haben eine ähnliche Vorgeschichte, weil sie ungefähr im gleichen Alter sind. Es könnte ganz einfach so sein, dass der Mörder eine krankhafte Feindschaft gegenüber Männern mittleren Alters entwickelt hat. Die Verstümmelung der Leichen lässt in erster Linie auf eine schwere psychische Störung des Täters schließen. Bei politisch motivierten Morden haben wir es fast immer mit einem Attentat zu tun: mit einer auf der Straße versteckten Bombe oder einer Kugel in den Kopf.



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